Was tun bei Problemen mit der Gastfamilie?
Kleine Meinungsverschiedenheiten in Familien sind normal, sei es über Essen, Musik oder Fernsehprogramme. Doch im Ausland kann es schwierig sein, damit umzugehen, da man seine Gastfamilie nicht gut kennt.
Du hast möglicherweise Angst, euer gutes Verhältnis zu zerstören, indem du dich streitest? Da hilft es immer zu wissen, dass sich erfahrungsgemäß nur ein kleiner Bruchteil der Austauschschüler gezwungen sieht, die Gastfamilie zu wechseln und ein noch kleinerer, den Austausch ganz abzubrechen.
Die Mehrheit der Schüler kommt von ihrem Schüleraustausch glücklich nach Hause zurück, weil das Zusammenleben in der Familie sehr harmonisch war und wünscht sich sogar, die Zeit wäre nicht so schnell vergangen. Natürlich kann es trotzdem einmal zu Meinungsverschiedenheiten kommen. Auf das richtige Verhalten im »worst case« solltest du also trotzdem vorsichtshalber vorbereitet sein.
Wie kommt es zu Konflikten?
Meinungsverschiedenheiten oder, noch schlimmer, eskalierende Auseinandersetzungen haben immer eine Ursache: Mehrere gegensätzliche Interessen oder Erwartungen stoßen aufeinander. In diesem Fall sind das die eines Mitglieds deiner Gastfamilie und die deinen.
Da man in einer Streitsituation oft überreagiert, solltest du dir vorher folgendes bewusst machen: Es gibt einen Unterschied zwischen lösbaren Problemen, die unter Umständen relativ schnell geklärt sein können und Spannungen, die leider bis zum Ende unüberbrückbar sind.
Probleme mit der Integration
Manchmal kann es passieren, dass der Schüler und die Gasteltern zwar auf dem Papier zusammenpassen, aber in Wirklichkeit lassen sich keine Anknüpfungspunkte finden, die Kommunikation funktioniert nicht und man nervt sich ständig. Auch wenn der Austauschschüler zu hohe Erwartungen an die Familie stellt, die diese nicht erfüllen kann bzw. der Jugendliche dies nicht einsieht (z.B. weil er es von Zuhause anders kennt), führt das sehr schnell zu Reibungen.
Oft hilft ein klärendes Gespräch
Allerdings gibt es auch unnötige Konfrontationen, die auf vergleichsweise harmlosen Unstimmigkeiten oder kulturellen Missverständnissen beruhen und in einem klärenden Gespräch bereinigt werden können. Dazu gehören typische Eltern-Kind-Situationen, in denen die Gasteltern dir – aus welchem Grund auch immer - etwas verbieten, was du nicht nachvollziehen kannst und als Strenge empfindest. Manchmal fühlt sich der Gastschüler auch zu sehr an die Familie gebunden und würde gerne mehr Zeit alleine verbringen, da er dies von daheim anders gewohnt ist.
Zuweilen kann es ebenso passieren, dass Gastgeschwister ein Problem mit dir, dem neuen Familienmitglied, haben und nicht die Eltern, sondern du das Ventil ihrer Unzufriedenheit (Eifersucht) bist. Wenn heikle Inhalte wie Politik, Religion oder Sex zur Sprache kommen, können auch unvorhersehbare Unterschiede in euren Einstellungen auftauchen.
Wie kann ich Konfrontationen von vornherein vermeiden?
Man kann grundsätzlich davon ausgehen, dass jeder Mensch ungern streitet, dazu gehören sicherlich auch die Mitglieder deiner Gastfamilie. Deshalb kannst du dir vor deiner Abreise ein paar Hintergründe vor Augen führen, die dir helfen, erst gar keine unangenehmen Situationen entstehen zu lassen:
Die »Beschnupperungsphase«
Eine Eingewöhnungsphase am Anfang ist ganz normal (für beide Seiten), da du und die Familie erst einmal lernen müsst, euch gegenseitig an eurem Privatleben teilnehmen zu lassen. Ihr werdet euren Alltag etwas umstellen und aneinander anpassen müssen. Ein Tagesablauf ist dabei nicht zu schwer zu meistern, und wenn du ein bisschen für dich sein willst, kannst du das gerne ansprechen.
Dir unbekannte, unausgesprochene Familienregeln können da eher ein Problem darstellen. Wenn du dir deswegen unsicher bist, solltest du aufkommende Fragen jedoch möglichst schnell klären oder aufschreiben. Rede mit deiner Familie und frag nach wenn du etwas nicht verstehst. So lassen sich Missverständnisse am schnellsten aus dem Weg räumen.
Schüleraustausch rund um die Welt
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Beide Seiten haben Interesse am Austausch!
Mache dir zudem bewusst, dass die Gastfamilien in der Regel nicht (nur) am Geld interessiert sind. Für viele ist die Aufnahme eines Jugendlichen eine Form von interkulturellem Austausch, den sie so nicht erleben könnten, weil ihnen die Zeit oder das Geld für ausgedehnte Reisen fehlt. Ihr Motiv ist die internationale Völkerverständigung, daher rührt auch das Bedürfnis, zu Menschen aus dem Ausland Kontakt zu haben.
Mache dir zudem bewusst, dass die Gastfamilien in der Regel grundsätzlich Interesse an einem interkulturellen Austausch haben. Vielen fehlt die Zeit oder das Geld für eigene ausgedehnte Reisen, sodass die Aufnahme eines Jugendlichen eine besondere Erfahrung darstellt.
Manche Gasteltern fühlen sich Zuhause auch alleine, weil ihre eigenen Kinder schon längst aus dem Haus sind und freuen sich über ein neues Familienmitglied auf Zeit. Andere Eltern mit Einzelkindern wollen, dass ihr Kind lernt, mit einer Schwester oder einem Bruder zusammen zu leben. Alles in allem kann man mit Sicherheit sagen, dass sich die Familie größte Mühe gibt, dir ein schönes Zuhause zu bieten und sich auf dich und mit dir freut.
Es kann sein, dass deine Gasteltern finanziell schlechter gestellt sind als deine Eltern in Deutschland. Manchmal sind beide Elternteile berufstätig, was bedeuten kann, dass sie für dich nur begrenzte Freizeit oder begrenzte Mittel zur Verfügung haben.
Es muss nicht immer eine Großstadt sein
Falls du Angst hast, mitten im Nirgendwo zu landen, kannst du beruhigt sein. Denn die mehrheitliche Erfahrung zeigt, dass das auch Vorteile haben kann. In einem Dorf gibt es genauso ein Freizeitangebot, wenn auch eine kleinere Auswahl an Möglichkeiten. Da aber du die »Attraktion« sein wirst, wird dir die Kontaktaufnahme sicherlich leichter fallen. Außerdem ist ein kleinerer Ort noch nicht touristisch überlaufen. Bedenke auch, dass du in Großstädten wahrscheinlich auch nicht alles erleben könntest, was du möchtest, weil es dir als Minderjähriger entweder nicht erlaubt oder zu gefährlich ist.
Sonntags geht es in die Kirche
In den USA sowie in einigen lateinamerikanischen Ländern gehört der sonntägliche Gottesdienstbesuch für manche Familien zum Alltag. Das soll dich nicht abschrecken, sondern dir im Gegenteil die Möglichkeit geben, andere Abläufe kennen zu lernen, deine eigenen Werte zu überdenken und, ganz praktisch, weitere Kontakte zu knüpfen! Der Kirchgang als soziales Ereignis kann dir nämlich auch helfen, Anschluss zu finden. Viele Veranstaltungen werden von Kirchen organisiert.
Nicht fluchen, sondern lächeln...
Was die Kommunikation innerhalb der Gastfamilie angeht, solltest du auf eine gepflegte Ausdrucksweise achten und z.B. nicht fluchen, selbst wenn die Gastgeschwister es tun. Manche Gasteltern sind es eventuell nicht gewöhnt, dass Kinder mit ihnen etwas ausdiskutieren wollen und verstehen dies ggf. als mangelnden Respekt. Der Austauschschüler hingegen fühlt sich in seiner neu erfahrenen Selbstständigkeit beschnitten und bevormundet.
In dieser Situation ist es natürlich nicht ganz einfach, sich auf einen Kompromiss zu einigen. Wenn es aber keine Dinge sind, mit denen du überhaupt nicht leben kannst, kannst du dein Missfallen auch verbergen und lächeln, denn andere Länder, andere Sitten… Ein Streit lohnt sich eigentlich nicht, denn wenn du Pech hast, denkt die Familie vielleicht am Ende fälschlicherweise, du seist undankbar.
Wie gehe ich mit einer Problem- bzw. Streitsituation um?
Manche Konfliktsituationen lassen sich dennoch nicht vermeiden. Dann ist es wichtig, dass du der Gastfamilie trotz allem Respekt zeigst. Es kommt immer gut an, wenn du dich positiv äußerst und nicht anklagend wirst. Wenn es möglich ist, versuche, die Kritik zu verpacken und diese nur direkt zu äußern, falls es etwas Schlimmes ist.
Auch Banalitäten solltest du ansprechen, sonst staut sich mit der Zeit zu viel auf und es wird immer schwieriger, darüber zu reden. Bleibt die Frage: Wie sprichst du an, was dich stört? Es ist normal, dass du Angst hast oder es dir unangenehm ist, wenn du ein heikles Thema anschneidest. Sprich es ruhig und offen an (»Ich möchte dir nicht zu nahe treten…«/ »Es ist mir etwas peinlich…«/ »Versteh mich bitte nicht falsch…«). Und schon ist der Anfang des Gespräches gemacht! Danach heißt es, nicht um den heißen Brei reden, sondern sprich am besten klar an, was dich stört und warum, welche Lösung du dir wünschst und warum auch dein Gegenüber Vorteile davon hat.
Höre auch die Argumente der Gegenseite!
Wichtig ist auch, nicht zu verallgemeinernd zu werden, sondern beim konkreten Vorfall zu bleiben. Schließlich willst du ja nicht die Persönlichkeit des anderen pauschal in Frage stellen. Versuche, das Thema nicht zu breit zu treten. Wenn alles gesagt ist, höre auch zu, was dir die Gegenseite zu sagen hat oder lass sie die Situation erst einmal verdauen. Manche Menschen brauchen etwas mehr Bedenkzeit als andere. Beim nächsten Gespräch solltest du daher unbedingt dein Wohlwollen zeigen und nicht drängend werden. Ändert sich jedoch nichts an der Situation, kannst du andere Familienmitglieder oder Freunde heranziehen.
Was tun, wenn die Differenzen unüberbrückbar sind?
Hilft auch ein Gespräch mit Außenstehenden nicht (aus der Familie, Schule etc.), kannst du deinen persönlichen Betreuer einschalten. Bei alledem solltest du jedoch die »Hierarchie« beachten und aufpassen, wem du wann was anvertraust, so dass dabei am Ende nicht unverzeihliche Missverständnisse herauskommen. Wenn du die Austauschorganisation miteinbeziehst und selbst dadurch keine akzeptable Lösung gefunden wird, bleibt oft leider nur der Ausweg, die Gastfamilie zu wechseln oder gar den Austausch abzubrechen. Aber wie gesagt: Dazu kommt es äußerst selten.
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